Aus MalmöDas Rennen um die „12 Points“ beginnt: die wichtigsten Informationen rund um den Eurovision Song Contest

Aus Malmö / Das Rennen um die „12 Points“ beginnt: die wichtigsten Informationen rund um den Eurovision Song Contest
Tali bei einer Probe für das ESC-Halbfinale  Foto: ESC

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Es ist wieder so weit: Das ESC-Fieber ist ausgebrochen. Luxemburg ist nach mehr als 30 Jahren wieder zurück im Wettbewerb. In dieser Woche stehen zunächst die Halbfinals an und am Samstagabend fällt dann die Entscheidung, welchen Song es die nächsten Wochen ständig im Radio zu hören gibt. Das Tageblatt berichtet vor Ort aus Malmö. Hier noch mal die wichtigsten Informationen rund um den ESC 2024 im Überblick.

Der Austragungsort

Schon zum dritten Mal nach 1992 und 2013 heißt es beim ESC: Välkommen till Malmö. Die Großstadt liegt an der südlichen Küste Schwedens und ist nur einen Katzensprung von Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen entfernt. Nach Loreens Sieg mit ihrem Song „Tattoo“ beim ESC 2023 in Liverpool richtet Schweden den Wettbewerb zum insgesamt siebten Mal aus. Und passender könnte es in diesem Jahr eigentlich nicht sein, denn gleichzeitig feiert ABBAs „Waterloo“, Schwedens wohl bekanntester Eurovision-Gewinnersong, den 50. Geburtstag. Was natürlich auch in Malmö zu spüren ist: Die „ABBA World“ ist extra während zwei Wochen in der Stadt zu Besuch.

Malmö ist die drittgrößte Stadt Schwedens und hat etwa 300.000 Einwohner aus 186 Nationen. Dazu gesellen sich in der kommenden Woche Tausende ESC-Fans aus der ganzen Welt. Sogar Fans aus Neuseeland sollen Tickets für die Show in Schweden gekauft haben, teilen die Organisatoren auf ihrer Webseite mit.

Das Tageblatt hat am Samstagabend bei der Hinreise nach Malmö Valerie getroffen, eine junge Amerikanerin aus Chicago, die bereits zum zweiten Mal am Eurovision teilnimmt. „Das ist ganz verrückt. Beim ersten Mal geht mal hin und erwartet sich eine große Party. Aber dann öffnet sich einem eine große Fanwelt, die einen total mitreißt. Und prompt hat man schon das Ticket für den nächsten ESC gebucht“, sagt sie. Den Song aus Luxemburg findet sie übrigens super: „Für mich absolut ein Favorit.“

Der Weg ins Finale

In diesem Jahr sind 37 Nationen beim ESC vertreten. Sechs von ihnen sind wie üblich automatisch für das Finale qualifiziert. Die „Big 5“ – Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien – müssen sich nicht in den Halbfinals beweisen. Gesetzt ist auch der letztjährige Gewinner Schweden, der in diesem Jahr die Zwillinge Marcus und Martinus mit ihrem Lied „Unforgettable“ ins Rennen schickt.

Die anderen 31 Nationen müssen sich allerdings in zwei Halbfinals dem Televoting stellen. Am Dienstag sind 15 Nationen im ersten Halbfinale dran. Darunter auch Tali, die bei der Auslosung den 15. Startplatz ergattert hat und damit für ordentlich Furore am Ende der Show sorgen wird. Erste Bilder aus den Proben (Achtung Spoiler!) zeigen, dass beim Luxemburger Auftritt, wie schon beim LSC, bei der Pyrotechnik wohl nicht gespart wird. Tali muss sich unter anderem gegen Iolanda aus Portugal, Kroatiens hochgehandeltem Baby Lasagna und dem ebenfalls starken Beitrag aus der Ukraine beweisen.

Am Donnerstag treten dann 16 weitere Länder beim zweiten Halbfinale an. Darunter die Niederlande, Belgien und die Schweiz. Wir werden zu den jeweiligen Tagen eine Liste der Teilnehmer veröffentlichen.

Im Gegensatz zu den vorherigen Jahren liegt die Reihenfolge nicht mehr komplett in den Händen der Produzenten. Die Startpositionen werden nämlich ausgelost. Es gibt die Kategorien „erste Hälfte“, „zweite Hälfte“ oder „Producer’s Choice“. Für die beiden Hälften werden dann jeweils sechs Plätze ausgelost. Die 13 „Producer’s Choice“-Lose bedeuten, dass die Produzenten die Startposition des jeweiligen Künstlers frei wählen dürfen. Die Show soll so gerechter werden. 

Wie 2023 können übrigens auch wieder Fans abstimmen, deren Länder nicht am ESC teilnehmen. Sie werden als „Rest of the World“ zusammengezählt. Dieses Voting beginnt übrigens schon am Vortag der Finalshow. 

Das Voting

Pro Halbfinale können die Einwohner aus den jeweils teilnehmenden Nationen sowie von drei der sechs gesetzten Finalisten abstimmen. Heißt, in Luxemburg werden am Dienstagabend die Kreditkarten heißlaufen. Denn laut bisherigen Informationen von RTL wird eine Abstimmung nur per App oder über die Webseite www.esc.vote, die am Halbfinalabend online geht, möglich sein. Per Telefon oder SMS sei das Voten in Luxemburg nicht möglich. Im Gegensatz zu anderen Jahren wird 2024 nur das Publikum entscheiden, welche zehn Acts des jeweiligen Halbfinals den Sprung ins Finale am Samstagabend schaffen. Wer wie viele Punkte beim Halbfinale einsammelt, wird allerdings nicht bekannt gegeben. 

Luxemburg ist zurück

Tali ist dabei, Geschichte zu schreiben. Denn nach 31 Jahren Pause ist Luxemburg zurück beim ESC. Angekündigt wurde die Entscheidung kurz vor dem Finale des ESC 2023 – und wurde von der Gemeinschaft mit viel Freude aufgenommen. Auch hier in Malmö zeigt sich in den ersten Gesprächen – etwa mit der Amerikanerin Valerie, den Volunteers Wito und Anika sowie den beiden langjährigen deutschen ESC-Fans Christian und Feret –, dass die Rückkehr von Luxemburg richtig gut ankommt. Selbst im Pressezentrum wird man mit einem „Freut mich, dass Luxemburg endlich wieder dabei ist“ begrüßt. Es fühlt sich ein wenig an, als sei man ein lang verreister Freund, der endlich wieder nach Hause kommt. Mal sehen, wie sich das auf die Shows und aufs Voting auswirken wird.

Das sagen die Wettbüros

„And the winner is … Croatia!“ werden wir am Samstag zu hören bekommen – zumindest wenn alles so läuft, wie es die Wettbüros derzeit voraussagen. „Rim Tim Tagi Dim“ von Baby Lasagna hat nach den ersten Proben die besten Chancen auf einen Sieg. Der ohrwurmtaugliche Song mit dem explosiven Auftritt dürfte keine Schwierigkeiten haben, das Publikum von sich zu überzeugen. Ob er allerdings auch bei den Jurys gut ankommen wird, muss sich erst noch zeigen. Der kroatische Beitrag ist allerdings erst nach den Proben an die Spitze geklettert. In den Tagen davor dominierte der Schweizer Beitrag „The Code“ von Nemo. Ihm wird derzeit eine 17-Prozent-Chance auf den Sieg zugeschrieben. Die Top 5 komplettieren derzeit die Beiträge Ukraine (3), Italien (4) und die Niederlande (5).

Tali hat laut Wettbüros kaum Chancen auf den Gesamtsieg. Doch der Bühnenauftritt samt neuem Outfit scheint seine Wirkung zu haben – seit den ersten Proben steigt die junge Sängerin in den Statistiken der Bookies. Die Teilnahme am Finale ist laut den einschlägigen Webseiten sehr wahrscheinlich.

Spoiler-Alarm

Die Daten der zwei Halbfinals und des Finales sind schon länger bekannt. Doch so langsam kristallisiert sich auch der Ablauf der Shows heraus. In der vergangenen Woche wurden etwa 30-Sekunden-Videos aus den Proben veröffentlicht, die erste Hinweise auf die Auftritte und Inszenierungen der Teilnehmer liefern. Pyrotechnik scheint besonders in Luxemburg, Tschechien und Deutschland auf dem Programm zu stehen. Litauen, Schweden und Österreich setzen derweil auf Rave-Stimmung mit beeindruckenden Lichtshows. Wieso nicht einfach beides, hat sich wohl Baby Lasagna gedacht und, weil’s Spaß macht, auch noch ein paar Rauchgeysire bestellt. 

Steinig wird es derweil sowohl bei Serbien, wo ein Felsblock als Hintergrund-Kulisse dient, als auch bei der Ukraine. Jerry Heil erklimmt bei dem von Tanu Muino choreografierten Auftritt wortwörtlich einen Berg. Alyona Alyona allerdings bleibt, zumindest nach derzeitigen Informationen, mit beiden Füßen auf dem Bühnenboden. Frankreichs Slimane setzt zumindest bei den Proben auf seinen bekannten Partytrick, indem er mehrere Meter vom Mikro wegsteht und a cappella den Höhepunkt seiner Ballade in den Raum schmettert. Gruselig, aber unheimlich clever inszeniert ist der Beitrag aus Irland von Bambie Thug, der wohl nicht jeden Musikgeschmack treffen wird, aber auf jeden Fall aus der Menge heraussticht. Das Gleiche, wenn auch weniger spooky, gilt für Joost aus den Niederlanden und Windows95man aus Finnland. Gleich bei mehreren Liedern sind auch die für den ESC absolut verpflichtenden sexy Hintergrundtänzer im Einsatz. 

Mehr Eindrücke zu den einzelnen Auftritten gibt es in unserer Dienstagsausgabe nach der ersten Generalprobe, an der die Presse teilnehmen darf.  

Die Israel-Kontroverse

Eurovision ohne politische Kontroversen gibt es eigentlich nicht. Sei es das „Block-Voting“ oder versteckte politische Botschaften in den Songs: In jedem Jahr gibt es über Streitigkeiten zu berichten. Doch selten war die Politik so präsent wie in diesem Jahr. Grund dafür ist die Teilnahme Israels. Russland wurde wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine von der Teilnahme ausgeschlossen – viele Protestierende verlangen von den Organisatoren die gleiche Haltung gegenüber Israel wegen des Nahostkonflikts.

Schon bei einem ersten Spaziergang durch die ESC-Stätten in Malmö sind fast überall Graffiti zu sehen, die „Free Gaza“ und den Ausschluss Israels fordern. Für Dienstag und Donnerstag sind in der Innenstadt am Nachmittag propalästinensische Demonstrationen und ein proisraelischer Protestzug angemeldet. Mehrere Veranstaltungen mussten aus Sicherheitsbedenken verlegt werden und die Stadt hat die Präsenz von Polizisten erheblich gesteigert. Das bestätigt Polizeisprecherin Carina Svensson am Sonntagmorgen gegenüber dem Tageblatt. „Wir wollen, dass sich die Leute sicher fühlen.“ Man wolle jedoch keine oppressive Stimmung schaffen. Wohl deshalb geben sich die meisten Polizisten und Polizistinnen, die man um die Veranstaltungsorte und in der Stadt trifft, betont freundlich und offenherzig. Laut Svensson gebe es für die Polizei in Malmö auch Verstärkung aus Dänemark und Norwegen. „Wir arbeiten sowieso eng mit diesen beiden Polizeikorps zusammen. Wir Nordländer verstehen uns da problemlos.“

Die verstärkte Polizeipräsenz fällt bereits bei der Ankunft auf. Am Bahnhof sind bis in den späten Abend mehrere Patrouillen gut sichtbar unterwegs. Mehrfach wird man vor dem Betreten eines Lokals von der Security kontrolliert. Volenteer Wito bestätigt dem Tageblatt den Eindruck, dass die Sicherheit enorm verstärkt wurde. „Doch bisher sind alle Proteste friedlich verlaufen. Ich hoffe, das wird auch so bleiben.“

Trotz der betonten Friedlichkeit, fühlt sich die Sicherheitssituation angespannt an. In einem BBC-Interview sagt der Malmöer Polizeichef, die Terrorwarnung sei auf Stufe vier von fünf angehoben worden. Die Webseite Euronews.com berichtet, Israels Vertreterin sei wegen propalästinensischer Proteste angewiesen worden, ihr Hotelzimmer nur für Auftritte und offizielle Eurovision-Veranstaltungen zu verlassen. Bereits bei ihrer Ankunft habe es heftige Proteste gegeben.