KarateJenny Warling vor der EM: „Mein Ziel ist immer eine Medaille“

Karate / Jenny Warling vor der EM: „Mein Ziel ist immer eine Medaille“
Eis werde immer schwieriger, auf dem Podium zu stehen, sagt Jenny Warling. Dennoch will sie bei der EM in Kroatien alles geben. Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Jenny Warling ist das Aushängeschild des neuen Karateverbands (FLK). Auch für die 59. Europameisterschaften in Kroatien ruhen die Hoffnungen auf den Schultern der Walferdingerin. Die 30-Jährige hat sich für Zadar viel vorgenommen. Vor ihrem EM-Auftritt sprach sie noch einmal mit dem Tageblatt.

Tageblatt: Jenny Warling, in Kroatien werden Sie Ihren 11. EM-Auftritt feiern. Können Sie sich noch an Ihre erste EM erinnern? 

Jenny Warling: Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, das war 2012 auf Teneriffa. Ich war so froh und stolz, dass ich für die Europameisterschaften bei den Seniors nominiert wurde. Ich war natürlich auch aufgeregt. Ich denke, dass ich die Nominierung rechtfertigen konnte, immerhin sprang auf Anhieb ein fünfter Platz heraus.

Welche war für Sie persönlich die schönste Europameisterschaft?

Das versteht sich von selbst, das war 2019 in Guadalajara. Damals konnte ich den EM-Titel gewinnen, das war ein wahnsinniges Erlebnis. Im Turnier und rund um das Turnier herrschte pure Euphorie. Wenn man ein Turnier gewinnt, ist das immer etwas Besonderes. Eine EM allemal.

Was haben Sie sich für die EM in Zadar vorgenommen?

Mein Ziel ist immer das gleiche, ich will um eine Medaille kämpfen. Aber das ist leichter gesagt als getan. Ich habe das Gefühl, dass es immer schwieriger wird, auf dem Podium zu stehen. Es rücken immer mehr gute Karatekas nach, die einem das Leben schwer machen. Und dann sind da noch die „alten Bekannten“ mit ihrer Erfahrung. Die starken Frauen aus meiner Generation und die jungen Wilden. Und in meiner Gewichtsklasse gibt es einige davon.

Zuletzt lief es platzierungsmäßig nicht sonderlich gut für Sie. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass Sie gerade dann umso stärker zurückkommen. Wie können Sie sich das erklären?

Wenn man ein paar Turniere hinter sich hat, die nicht so gut liefen, ist der Druck nicht so groß, bei mir nicht und nicht bei den Gegnerinnen. Wenn man immer gewinnt, denkt man, man hätte ein Abonnement auf das Gewinnen, und das ist gefährlich. Bei der EM ist das Feld ausgeglichener, die K1-Turniere sind immer top besetzt. Bei einer EM kannst du zum Auftakt ein leichteres Los erwischen. Für mich ist das gut, ich komme dann besser in ein Turnier hinein, als wenn du sofort einen großen Brocken vor dir hast. Ich fühle mich dann einfach wohler. Aber eine Garantie gibt es dafür nicht, es handelt sich immer noch um eine Auslosung.

Wie Sie schon selbst sagen: Immer mehr junge Kämpferinnen rücken in der Weltrangliste nach oben. Woran liegt das?

Die Nationen und die Vereine haben umgedacht. Es wird von Anfang an mehr und härter trainiert. In den Kämpfen werden die Mädchen dann auf Schnelligkeit dressiert, bis es richtig weh tut. Auch wenn sie mal Fehler machen, geht es einfach weiter. Wir, die „Erfahrenen“, setzen unsere Erfahrung dagegen, aber die Erholung zwischen den Kämpfen geht nicht mehr so schnell wie bei den Jungen. Ein weiterer Faktor ist, dass in anderen Ländern professionell gearbeitet wird. Das sind mittlerweile Profis, während ich zwischendurch noch einer Arbeit nachkommen muss. Besonders im Ostblock wird so gearbeitet. Bei anderen Nationen wir der Türkei oder Ägypten ist es die Masse. Sie verfügen oft über ein Heer an Talenten, da ist es normal, dass die immer wieder vorne dabei sind. Als Gegnerin weißt du nicht, ob du gerade die Nummer eins, zwei oder drei vor dir hast. Alle sind gleichstark und die Tagesform entscheidet. Gleiches gilt für Japan.

In diesem Jahr wird Luxemburg mit einem Trio angreifen. Welche Chancen kann sich das Großherzogtum ausrechnen?

Ich denke nicht, dass Pola Giorgetti kämpfen wird, sie wurde nur gemeldet, um Teilnahmepunkte zu ergattern. Ihre Verletzung ist noch nicht ganz auskuriert und es wäre Wahnsinn, ein unnötiges Risiko einzugehen. Bei Yanis Tamim möchte ich mich enthalten, dafür kennen ich ihn nicht gut genug und ich weiß nicht, wie er trainiert hat.

Bei großen Turnieren wie der Premier League hat sich das „Round Robin System“ durchgesetzt, bei der EM wird noch klassisch nach Tableau gekämpft. Welches System bevorzugen Sie?

Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Beim Robin Round sollte man allerdings bei einem 0:0 den Referees die Entscheidung überlassen, weil sonst viel zu taktisch gekämpft wird. Im Kopf beschäftigt man sich während des Kampfes damit, besonders beim ersten Kampf, man muss nicht auf Sieg gehen. Bei einer Niederlage kann man sich eventuell noch zurückkaufen und doch noch Gold gewinnen. Es hängt natürlich auch von der Zusammensetzung der Pools ab. Musst du gegen die Nummer 1 kämpfen, bist du beim Robin Round fast chancenlos, während du beim klassischen System noch auf die Trostrunde hoffen kannst. Aber ich glaube, ich gebe dem Robin Round eine kleine Präferenz. Für mich wird es bei der EM jedenfalls eine Umstellung sein, weil ich zuletzt nur nach dem neuen System gekämpft habe.

Wie viele Europameisterschaften wollen Sie noch bestreiten?

Mein Plan sieht so aus, dass ich noch bei den nächsten Weltmeisterschaften dabei sein will. Eine WM-Medaille fehlt noch in meiner Sammlung und um die will ich kämpfen. Da die WM erst im Oktober/November 2025 ausgetragen wird, kommen sicher noch zwei Europameisterschaften hinzu. Diese und die im nächsten Jahr. Danach muss man sehen, was der Kopf und vor allem der Körper noch hergibt.

Welche Ziele verfolgen Sie ansonsten 2024?

Mein absoluter Wunsch wäre es, wenn ich mich für die „World Games“ qualifizieren könnte, aber das wird sehr schwer. Es werden nur die besten acht jeder Kategorie eingeladen. Mein Vorteil ist, dass die besten Ergebnisse der letzten beiden Jahren berechnet werden und ich wegen meiner Verletzung im vergangenen Jahr wenig kämpfen konnte, während es bei der Konkurrenz viele Streichpunkte gibt.